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Der Anteil deutscher Hersteller an den weltweiten Pkw-Zulassungen ist innerhalb von fünf Jahren von 21,4 Prozent auf weniger als 18 Prozent gesunken. Da der Weltmarkt zugleich nur moderat gewachsen ist, schlägt sich dies in einer deutlich sinkenden Produktion deutscher Automobilunternehmen nieder. Im Fokus steht die Entwicklung in China, dem bislang wichtigsten und profitabelsten Absatzmarkt für deutsche Autos. Während dort der Absatz von Verbrenner-Autos in den ersten drei Quartalen des Jahres um 15 % einbrach, stieg der Absatz von Elektrofahrzeugen um 21 % und der von Plug-In-Hybriden sogar um fast 100 %. Nun zeigt sich: Deutsche Hersteller haben mit ihrem noch immer von Verbrennermotoren dominierten Produktmix nicht das passende Angebot: Der Markt für Elektrofahrzeuge ist klar in der Hand chinesischer Anbieter. Bei Hybrid-Fahrzeugen verlangen die Chinesen – sicher nicht ganz zufällig – Reichweiten der Elektromotoren, die von deutschen Herstellern in aller Regel nicht erreicht werden. Hinzu kommt: Der Nimbus deutscher Premiummarken hat sich innerhalb kurzer Zeit verflüchtigt, weil Status und Wohlstand in China immer seltener durch den Besitz deutscher Oberklasse-Fahrzeuge demonstriert werden.
Die deutschen Automobilunternehmen sind für die Transformation in Richtung Elektromobilität nicht gut aufgestellt – dafür tragen sie zunächst einmal selbst die Verantwortung. Von der Politik kam allerdings auch kaum hilfreiche Unterstützung, wie etwa das abrupte Ende von Kaufanreizen für Elektroautos zeigt, das einen Einbruch der Nachfrage zur Folge hatte. Mit Blick auf Volkswagen ließe sich ergänzen, dass die nicht ansatzweise wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen so nur in einem Unternehmen entstehen konnten, in dem politisches Kalkül mindestens ebenso viel zählt wie betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten.
Wie schwierig der Übergang zur Elektromobilität ist, zeigt der Stand der Batteriezellproduktion: Batteriezellen machen etwa 30 % der Wertschöpfung in einem Elektrofahrzeug aus. Wer auf Dauer wettbewerbsfähig sein will, muss also diesen Teil der Wertschöpfung selbst beherrschen, zumal sich die Herstellung leistungsfähiger Batteriezellen als Hochtechnologie erwiesen hat. Angesichts der großen Bedeutung einer eigenen Batteriezellproduktion sollte man annehmen, dass die Fahrzeughersteller den Aufbau des Know-hows und entsprechender Kapazitäten als strategische Investition ansehen, die sie mit langem Atem und einer gewissen Risikobereitschaft verfolgen. Tatsächlich wurden die im Aufbau befindlichen Investitionsvorhaben für Batteriezellen angesichts des schleppenden Absatzes zuletzt radikal zusammengestrichen, was Anbieter wie Northvolt vor massive Probleme stellt. Im Ergebnis befindet sich unter den zehn größten Batteriezellproduzenten kein einziges europäisches Unternehmen. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass deutsche (und europäische) Hersteller mittel- bis langfristig auf dem Markt für Elektromobilität chancenlos zurückfallen werden, wenn sich daran nichts Wesentliches ändert.
Einen Ausweg könnte die Feststoffbrennzelle bieten: Sollte sich diese Technologie, die noch in den Kinderschuhen steckt, als überlegen erweisen, wäre der Wettbewerb neu eröffnet. Diese Chance zu nutzen, liegt gleichermaßen in der Hand der Unternehmen wie der Politik. Von ersteren muss man strategischen Weitblick und die Bereitschaft zu Investitionen erwarten, die zeitweise auch zu Lasten des laufenden Gewinns gehen. Von letzterer braucht es generell verlässliche Rahmenbedingungen, eine unterstützende und koordinierende Funktion im Aufbau der Infrastruktur und möglicherweise ergänzend auch Kaufanreize, um den Absatz der Fahrzeuge anzuschieben und möglichst schnell über kritische Schwellenwerte heben zu können. Ein konstruktives Zusammenwirken von Automobilindustrie und Staat wäre wünschenswert, denn es könnte als Vorbild für eine moderne Industriepolitik wichtige Impulse liefern.