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Die Debatte um Sinn oder Unsinn eines subventionierten Industriestrompreises hält an, sie ist angesichts der Bedeutung des Vorhabens auch notwendig. Was ist von der Idee zu halten und welche Alternativen bieten sich an?
Der Industriestrompreis soll vor allem energieintensive Unternehmen schützen, die sich im internationalen Wettbewerb behaupten müssen. Dem ist entgegenzuhalten, dass durch den staatlichen Eingriff nicht nur das Preissignal ausgeschaltet wird und damit der Anreiz zur Suche nach Innovationen verringert wird. Günstigere Strompreise für ausgewählte energieintensive Unternehmen führen auch zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und der Industrie. Es gehört zu den elementaren ordnungspolitischen Grundsätzen, dass für alle Unternehmen die gleichen Rahmenbedingungen gelten sollten und nicht mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Branchen oder gar einzelne Unternehmen bevorzugt werden. Eine Subventionierung des Strompreises für einzelne Sektoren wirkt in jedem Fall strukturkonservierend. Denkbar wäre natürlich, die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft dadurch zu verbessern, dass die Stromsteuer, die immerhin etwa 16 Prozent des Strompreises ausmacht, für alle Verbraucher gesenkt oder ganz abgeschafft wird. Auch ein verringerter Mehrwertsteuersatz wäre denkbar. Es mutet seltsam an, dass darüber gar nicht diskutiert wird.
Auch das Argument, man benötige eine solche Subvention übergangsweise für wenige Jahre, bis der Strompreis infolge des Ausbaus der erneuerbaren Energien von selbst auf ein sehr niedriges Niveau sinkt, wirkt nicht überzeugend. Die märchenhafte Welt niedriger Strompreise aus Sonnen- und Windkraft wird möglicherweise niemals erreicht, weil auch nach dem Jahr 2030 die Investitionen in die Verteilernetze und vor allem der hohe Aufwand für Speicher oder für Ersatzkapazitäten finanziert werden müssen und der Strompreis deshalb keineswegs auf dem niedrigen Niveau der reinen Erstellungskosten liegen wird. Es besteht also das erhebliche Risiko, dass aus einer immerhin milliardenschweren „Übergangs“-hilfe eine dauerhafte Subvention wird, die den staatlichen Haushalt belastet und den Spielraum für andere Vorhaben verringert.
Anders zu bewerten wäre das ebenfalls bereits diskutierte Vorhaben, die Umstellung einzelner Unternehmen auf alternative Energiequellen zu fördern. Dies wäre argumentativ damit zu begründen, dass etwa der Einsatz von (grünem) Wasserstoff vorerst zu teuer und nicht wettbewerbsfähig ist und deshalb ohne staatliche Förderung unterbleiben würde. Eine solche Förderung wäre somit ein direkter Beitrag zum schnelleren Erreichen der Klimaschutzziele mit dem positiven Nebeneffekt des Erhalts von Arbeitsplätzen.
Die deutsche Wirtschaft ist mit einer tiefgreifenden Strukturkrise konfrontiert. Deren Ursachen sind zum Teil von außen erzwungen, Stichwort De-Globalisierung. Sie ergeben sich aber auch aus disruptiven Brüchen in bisherigen Vorzeigebranchen wie der Automobilindustrie und aus dem politisch gewollten Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Aufgabe der Wirtschaftspolitik muss es deshalb sein, diesen Strukturwandel dadurch zu begleiten, dass die Anpassung der Unternehmen durch angemessene und im globalen Wettbewerb vorteilhafte Rahmenbedingungen erleichtert wird. Was zu tun ist, ist hinlänglich bekannt: Die Liste reicht von steuerlichen Entlastungen über einen radikalen Bürokratieabbau, eine sehr deutliche Verkürzung von Genehmigungsverfahren, das energische Vorantreiben der Digitalisierung in der staatlichen Verwaltung bis hin zur wirksamen Förderung von Forschung und Bildung. Dass die Regierung sich tatsächlich bereits dafür feiert, dass Meldepflichten für Hotels entfallen sollen, ist ein wenig hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass die Lage offenbar noch schlechter werden muss, bevor der Mut zum wirklich großen Wurf vorhanden ist.